Ein Wochenende bei Freunden in Olang steht bevor. Die beste Ehefrau von allen und ich freuen uns auf zwei Ferientage im Südtiroler Pustertal. Zwei unterhaltsame und aussichtsreiche Wanderungen, eine bei Rein in Taufers und die zweite bei Sexten durch das Innerfeldtal zu den Drei Zinnen stehen uns bevor.
Am Freitagabend kommen wir zu viert in Niederolang an und planen voller Eifer für Samstag und Sonntag zwei tolle Wandertouren. Am Samstag wollen wir nach Rein in Taufers zur Sossenalm und zu den Kofler Seen und am Sonntag nach Sexten, um vom Innerfeldtal bis zu den weltberühmten Drei Zinnen aufzusteigen.
Samstagmorgen, Frühstück in Niederolang bei Sonnenschein. Um halb Zehn geht es auf ins Tauferer Ahrntal, vorbei an Sand in Taufers bis nach Rein in Taufers. Es nieselt leicht. Kein Problem, rein in eine Bar, kurz warten bis der Nieselregen aufhört. Nach 10 Kaffee-Minuten ist es soweit. Wir gehen zum Auto, streifen unsere Bergbekleidung über, steigen in die Bergschuhe und wollen schon starten, da kracht ein Platzregen über uns herein. Es hilft nichts, rein ins Auto und raus aus dem Tauferer Ahrntal, zurück nach Olang in der Hoffnung, auf Sonnenschein. Kein Sonnenschein. Der Samstag wird kurzerhand zum wohltuenden Ausruhetag umfunktioniert. Punkt.
Heute, Sonntag, biegen wir etwa auf halber Strecke zwischen Innichen und Sexten rechts in die Innerfeldstraße und sehen auf unserer linken Seite einen großen Waldparkplatz. Damit ist das nördliche Ende des Innerfeldtales erreicht.
Eine Schranke und ein Schild verbieten uns die Durchfahrt. Vor 9.00 Uhr hätten wir noch dürfen. Nun zwischen 9.00 und 20.00 Uhr herrscht hier Durchfahrtsverbot. Für „faule“ Wanderer gibt es einen Pendelbus, der für 1,50 € (hin und zurück) seine Dienste anbietet. Diesen Service nehmen wir gerne in Anspruch. Wir haben keine Lust auf die zwar leichte, aber etwas langweilige Wanderung durch das Innerfeldtal. Außerdem wollen wir unsere Kraftreserven für den Aufstieg zum Wildgrabenjoch schonen.
Vorbei am Haunold (2.966 m) hält der Shuttlebus nach etwa 20 Minuten an einer zweiten Schranke. Wieder auf einem großen Parkplatz, diesmal auf ca. 1.500 m Seehöhe. Die Wanderung über das Wildgrabenjoch zu den Drei Zinnen kann beginnen.
Drei Schuster Hütte
Der Dolomiten Höhenweg führt uns, nur wenig Höhenmeter überwindend, bis zur Drei-Schuster-Hütte am Fuße der Dreischusterspitze (3.145 m). Vor uns breitet sich eine große, flache Almwiese aus. Wir überqueren sie und wandern rechts des Tales, den Dolomiten Höhenweg (Wanderweg Nr. 105), bis zu einem Bildstock weiter.
Das Bildstöckl markiert eine Weggabelung, an der sich unser Wanderweg vom Dolomiten Höhenweg trennt. Wir vier werden nun den Bergweg Nr. 9 hinauf wandern. Ein steiniger Steig mit immer spärlicher werdender Vegetation, die Schritt für Schritt einer Almwiese Platz macht, führt uns Wanderer bis zu einem Brunnen auf 1.923 m Meereshöhe hinauf.
Der etwas steilere Anstieg über den Steig Nr. 10 zum Wildgrabenjoch steht bevor. Über Geröll und Schotter in leichten Serpentinen wandern wir nun paarweise, wir zwei vorne, unsere beiden Freunde dahinter, ab und zu begleitet von einem widerlichen Geruch nach Erbrochenem, zum Joch hoch. Ich kann mir nicht erklären, woher der Gestank kommt. Vielleicht von den schwitzenden Wanderern vor uns? Die beste Ehefrau von allen stellt eine andere These auf. Sie meint der Geruch könnte von einer Nachgeburt stammen, die irgendwo zwischen den Felsen herumliegt. Rund um uns herum weiden nämlich zahlreiche Schafe.
Das Wildgrabenjoch
Die Scharte am Wildgrabenjoch gibt nun erstmals den Blick auf die markante Silhouette der weltberühmten Drei Zinnen frei. Ich sehe zwar nur zwei Zinnen, aber das Profil dieses Gebirgsstocks ist so unverwechselbar, so dass ich die Drei Zinnen 100%ig bestimmen kann. Nach Süden hin öffnet sich unter mir ein uriger, wilder Graben, der in das Rienztal mündet. Aha, daher die Namen Wildgrabenjoch und Großer Wildgraben. Die Gipfel um mich herum: rechts der Schwalbenkofel (Croda die Rondoi), hinter mir das Innerfeldtal, links der Fuß des Schwabenalpenkopfes.
Bei so einem Anblick muss natürlich sofort ein 360° Fotos erstellt werden.
Die beste Ehefrau von allen wird schon wieder leicht nervös. Warum? Rate mal – ja richtig! Ein, wenn auch kurzer, Klettersteig (Steig Nr. 11) liegt uns bevor. Es stellt sich aber glücklicherweise schnell heraus, dass nur der Einstieg gefährlich ausschaut. Der größte Teil des circa 10-minütigen Klettersteigs verläuft zwischen Felswänden in einer Rinne, sodass der Bergsteiger relativ absturzsicher nach oben kraxeln kann. Am Drahtseil festhalten ist trotzdem geboten, da etwas Wasser die Rinne herunter fließt. Besonders korpulent sollte der Wanderer auch nicht sein. Die Gefahr in der Rinne stecken zu bleiben ist gegeben!
Die Rinne bzw. der flache Kamin liegt hinter uns. Vor uns schlängelt sich ein felsiger Steig in Richtung Drei Zinnen. Immer wieder stehen bleiben, den Fotoapparat auspacken wird zur Pflicht, sodass unsere Bergfreunde bald einen Vorsprung gewinnen. Schritt für Schritt den Blick immer wieder nach rechts zu den imposanten Drei Zinnen gerichtet, wandern wir am Fuße des Schwabenalpenkopfes (2.687 m, ital.: Torre die Scarperi) zum höchsten Punkt der heutigen Bergtour auf fast 2.500 m hinauf. Den Gipfel des Schwabenalpenkopf werden wir nicht erreichen.
Bergwelt rund um die Dreizinnen
Jetzt können wir die berühmtesten Berge der Welt 😉 in ihrer ganzen Pracht erleben! Mächtig ragen sie wie drei Pfeilspitzen in den blauen Himmel. Unter uns liegt der Rienzboden, rechts der Drei Zinnen streckt sich der nicht minder bekannte Monte Cristallo in 3.221 m luftige Höhen. Den Drei Zinnen gegenüber stehend, drehen wir den Kopf nach links und erspähen unser Mittagsziel, die Dreizinnenhütte.
Durch eine Senke, d.h. zuerst über einen Schotterweg hinunter und dann auf der anderen Seite über einen felsigen Steig hinauf, steigen wir bis zu einem kleinen Felsplateau auf, welches wir nun überqueren. Stollen im Felsen, Zeugen des Ersten Weltkrieges, überraschen uns. Abermals etwas hinunter, in einem Bogen um einen Felsbauch herum und schon stehen wir vor der Drei-Zinnen-Hütte.
Das Drei Zinnen Schutzhaus
Eine überfüllte, rotweiße Schutzhütte mit circa 100 Schlafplätzen bietet den Besuchern mittels Selbstbedienung Wanderverköstigung an. Achtung, obwohl nur wenige Bergwanderer auf dem gleichen Weg wie wir aufgestiegen sind, muss man beim Bestellen mit langen Wartezeiten rechnen! Unzählige Spaziergänger, die von der circa 90 Minuten entfernten Auronzo-Hütte kommen, lassen den Platz vor der Dreizinnen-Hütte mehr als Festplatz denn als Bergsteigerziel wirken.
Wir können uns nicht überwinden bei der Essensausgabe Schlange zu stehen und bestellen darum an der Bar Kaffee und Kuchen. Das muss heute reichen. Die Mehlspeisen lassen sich als zufriedenstellend bezeichnen, was die Alpendohlen rund um uns herum ziemlich freut 😉
Ich begebe mich auf das Felsplateau vor der Schutzhütte und stelle meinen Dreifuß auf. „Do you speak english?” „No, only german or italian“, stammle ich zurück. Der junge Mann vor mir lässt sich nicht entmutigen und fragt: „Panoramafoto?“ Ich nicke. Er fragt weiter: „Do you have a website?“ Ich: „Yes.“ Er: „Can you write the address?“ Ich nehme ihm einen Block und einen Kugelschreiber aus der Hand und kritzele: www.dieWanderer.it. Er drückt mir eine Visitenkarte mit der Aufschrift Mike McFarlane, Lansscape Photografer in die Hand bedankt sich und zieht von dannen. Wieder einmal verfluche ich meine ehemalige Englischlehrerin, vor allem aber mich selbst! Wie will Mann und Frau ohne Englischkenntnisse über den Südtiroler Tellerrand hinaus?
360° Foto der Drei Zinnen erledigt. Wir haben genug von der Dreizinnenhütte und brechen in Richtung Innerfeldtal auf. Einige hundert Meter zurück bis zum kleinen Felsplateau, wo wir die Kriegsstollen gesehen hatten, dann leicht links abbiegen. Rechts vom Schwabenalpenkopf über den Dolomiten Höhenweg (Wanderweg Nr. 105) wandern wir bis zum Innichbacher Graben hinab.
Dieser Bergsteig ist etwas leichter zu gehen als jener des Aufstiegs. Er führt uns in circa einer Stunde zwischen Schwabenalpenkopf und Dreischusterspitze bis ins Bachbett des Innichbacher Grabens hinunter. Ein- bis zweihundert Meter steigen wir durch das fast ausgetrocknete extrem schottrige und breite Bachbett bis wir die Kreuzung am Bildstock, den wir heute bereits einmal passiert haben, erreichen.
Nun geht es entlang des Innichbacher Grabens bis zur Dreischusterhütte und dann dieses Mal über die asphaltierte Straße bis zur Haltestelle des Shuttlebusses hinunter.
Dicht gedrängt lassen wir uns durch das Innerfeldtal bis hinaus zur Sextner Straße chauffieren und beenden damit den heutigen Wanderausflug zu den berühmtesten Bergen Südtirols, den Drei Zinnen.
GPS Daten Innerfeldtal – Wildgrabenjoch – Drei Zinnen
Akt. Position: -km, -m
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Eckdaten der Tour
Durch das Innerfeldtal über das Wildgrabenjoch zu den Drei Zinnen
- Dauer: 7:00 h
- Distanz: 19,3 km
- Bergauf: 1.185 m
- Bergab: 1.148 m
Um welche Art von Tour handelt es sich?
In welcher Region befindet sich die Tour?
Um welche Bergkategorie handelt es sich? Auf welcher Höhe liegt die Tour?
Wie lang ist die Strecke?
Wie streng ist der Aufstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie anspruchsvoll ist der Abstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie viel Zeit werde ich für die Tour brauchen?
Dieser Wert kann individuell stark variieren. Siehe Gehzeitrechner.
Wie viele Kalorien werden bei der Tour verbrannt?
Es ist zu beachten, dass die Berechnung des Kalorienverbrauchs auf Faustformeln und allerlei Annahmen beruht, z.B. Gewicht=75 kg, Kalorienverbrauchsvorgaben für Aufstieg, Abstieg, flach usw. und daher nur eine Schätzung und keine exakte Angabe liefert. Wenn du deinen Kalorienverbrauch selbst berechnen möchtest, dann schau dir diesen Kalorienrechner an.
Gibt es interessante Wegpunkte?
Ja, es gibt interessante Wegpunkte. Hier ist eine Liste:
- DreischusterhütteHöhe: 1.636 m ü. d. M.GPS: 46.675007, 12.296791Rifúgio Tre Scarperi
- Dreischusterspitze (3145m)Höhe: 3.118 m ü. d. M.GPS: 46.669128, 12.317326Cima Di Tre Scarperi (3145m)
- DreizinnenhütteHöhe: 2.399 m ü. d. M.GPS: 46.636753, 12.31064330-AUG-09 1:29:40PM
- Kleine Zinne (2857m)Höhe: 2.790 m ü. d. M.GPS: 46.619346, 12.306361Cima Di Lavaredo Piccola (2857m)
- Naturpark Fanes - Senes - PragsHöhe: 1.830 m ü. d. M.GPS: 46.666768, 12.298122Parco Naturale Fanes - Sennes - Braies
- Pizzo Mattina (2493m)Höhe: 2.481 m ü. d. M.GPS: 46.652434, 12.290804
- Punta Lavina Bianca (2926m)Höhe: 2.897 m ü. d. M.GPS: 46.661575, 12.314086
- Schusterplatte (2957m)Höhe: 2.940 m ü. d. M.GPS: 46.657069, 12.316554Lastron Dei Scarperi (2957m)
- Schwabenalpenkopf (2687m)Höhe: 2.674 m ü. d. M.GPS: 46.645310, 12.286942Torre Scarperi (2687m)
- Schwalbenkofel (2800m)Höhe: 2.782 m ü. d. M.GPS: 46.654773, 12.268231Croda Dei Rondoi (2800m)
- StartHöhe: 1.510 m ü. d. M.GPS: 46.684824, 12.30431730-AUG-09 9:51:11AM
- Toblinger Knoten (2617m)Höhe: 2.590 m ü. d. M.GPS: 46.642048, 12.307992Torre Di Toblin (2617m)
- WildgrabenjochHöhe: 2.289 m ü. d. M.GPS: 46.647348, 12.278380Passo Dei Rondoi (2289m)
Ich lese die Kommentare immer sehr gerne.
Doch die beschriebenen Wege pack ich nicht:
Räucherlunge und a gschundenes Kreiz zum einen.
Zudem bin ich nicht schwindelfrei.
Von der Auronzohütte aus die Rundwanderung ist machbar.
Dazu fahre ich mit dem Bus ab Toblach.
Griass aus’m Hinterhalt von am Schwob.
peter
Hallo Peter,
ich kann dich schon verstehen. Wenn ich mir als Wanderer z.B. anschaue wo Kletterer überall rauf „krabbeln“, dann denke ich mir Ähnliches. Jeder hat seine eigenen Grenzen, das ist so. Aber wie du sagst, es gibt ja auch Hilfsmittel um Barrieren zu überwinden wie z.B. den Bus. Und das Bergpanorama ist damit genau so toll 🙂
Grüße
Dietmar
Hallo Ihr Lieben
Auch ein dem Dietmar bekannter Schwabe, der Charly, welcher die Tour vor einigen Jahren auch schon vom Innerfeldtal kommend nach zuvor kühlen und nassen Tagen unter die Hufe genommen hat. Eigentlich wollte ich die Tour auch übers Wildgrabenjoch – Dreizinnenblick – Gwengalpenjoch – Innerfeldtal unternehmen. Gesagt getan. … Ich lief rechts (von der Dreischusterhütte aus gesehen) hinauf, musste bereits lange vor der Scharte über erste Altschneefelder und kleine Gebirgsbäche mit reichlich Wasser queren und kam dann bei äußerst kühlen Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt (im Juni) oben an der Scharte an. Keine Menschenseele weit und breit: Und ein Blick in den Einstieg zum Wildgrabenjoch Richtung Drei Zinnen zeigte mir: „Charly dass ist heute nichts für Dich.“ Ich bin ebenfalls nicht schwindelfrei, hätte mir aber die Tour schon zugetraut, doch die Seile und Sicherungen lagen im gefrorenen Schnee bzw. sogar Eisresten und von oben tropfte das kalte Wasser, sodass die Durchsreitung dieses engen und etwas steilen Grabens einfach an diesem Tag für einen einsamen Wanderer wie mich nicht geschaffen war.
Also war Charly einmal (das bin ich nicht oft) sehr vernünftig, drehte um, machte viele schöne Fotos hinunter ins Innerfeldtal, hinüber zur Lückelescharte und zur Birkenscharte und dem Birkenkofel, denn ich hatte aufgrund der Witterung grandioses Licht. Der Dietmar weiß was ich mit grandiosem Licht meine. Und zur Belohnung gabs in der kulinarisch fast besten Hütte der Sextener Dolomiten, der Dreischussterhütte, ein leckeres Eisdesert.
Viele Grüße von einem geläuterten
Bergmenschen
Hallo Charly,
die besagte Wanderung durch das Innerfeldtal über das Wildgrabenjoch ist für mich nun schon einige Jahre her. Jetzt müsste ich fast meinen eigenen Wanderbeitrag nochmals durchlesen. Doch soweit meine Erinnerung langt, kann ich dich gut verstehen. Ab dem Wildgrabenjoch ist es auch im Hochsommer aufzupassen. Wenn man dann hinkommt und Eis und Schnee liegt, da ist es 100%ig gescheiter umzukehren. Bravo! Ich weiß wie schwierig das ist, aber im Nachhinein sicher die beste Entscheidung.
Und das gute daran ist, dass man ja auch vom Wildgrabenjoch keinen allzu schlechten Dolomitenblick hat.
Grüße
Dietmar
P.S. Gut zu wissen, dass die Dreischusterhütte kulinarisch eine der besten Hütten der Sextner Dolomiten ist 🙂