Der Andreas spielt mit dem Gedanken beim Südtirol Ultrarace mitzulaufen. Fit ist er, Trainingseinheiten von 40 km und 3.000 Höhenmeter sind für ihn kein Problem. Der Ultrarace Berglauf ist zwar dreimal so lang, aber auch das würde er schaffen. Was ihm Sorgen macht, ist die Gefährlichkeit der Strecke. Das Bergrennen verläuft fast die ganze Strecke entlang des Hufeisenweges, einem Weitwanderweg entlang der Hauptkämme des Sarntales. Der Name ist vom der hufeisenförmigen Verlauf der Wandertour abgeleitet. Ein normaler Wanderer bewältigt die konditionell sehr anspruchsvolle Weitwanderung in 7 Tagen. Das Ultrarace sieht eine maximale Zeit von 40 Stunden vor. Damit ist auch Nachtlauf vorprogrammiert.
Ein Teil der Route führt abseits des Hufeisenweges auf einem laut meiner Kompass Karte gepunkteten Weg. Die Kompass Legende klärt auf: eine gepunktete Linie bedeutet Steig, Bergpfad, teilweise nur für Geübte, meist markiert. Vor allem das „nur für Geübte“ und das „meist (also nicht immer) markiert“ machen uns Sorgen. Darum wollen wir genau diesen Teil des Südtirol-Ultrarace in entgegengesetzter Richtung erkunden.
Von Saltaus geht es mit der Hirzerseilbahn 1.500 Höhenmeter auf 1.980 m ü.d.M. ins Reich der Alpenrosen empor. Das Hirzergebiet von der Stafelhütte über die Hirzerhütte bis zur Mahdalm ist bekannt für seine rot blühenden Alpenrosenwiesen. Normalerweise wären diese Alpenblumen Mitte Juli bereits verblüht aber aufgrund der heuer etwas späteren Vegetation haben wir Glück. Je weiter wir uns über den Almenweg (Nr. 2B) von der Hirzerhütte Richtung Pfandlspitz und Alplerspitz (das Ziel der heutigen Bergtour) entfernen, umso kräftiger und bunter blühen die Alpenrosen. Ich kann mir keinen schöneren Ort vorstellen und danke wieder einmal dem Herrgott, dass er mich in das gelobte Land Tirol rein gepflanzt hat.
Auch dem Andreas gefällt die Landschaft und obwohl im Training, schafft er es mit mir gemütlich den Almenweg entlang zu spazieren. Bis nach Rotmoos, circa 150 m über den Hinteregg- und Mahdalm bringt er sogar die Geduld für kurze Fotopausen auf.
Dann verlassen wir den Almenweg und wandern über den Steig Nr. 2B, jetzt konditionell anspruchsvoller, bis zum Grünangerjoch auf 2.428 m hinauf. Ein Schneefeld bringt Abwechslung in den Schritt. Es ist nicht weiter gefährlich, da es nicht besonders steil ist.
Ab den Grünangerjoch beginnt auf der Kompasskarte die gepunktete Linie, also der Bergpfad für Geübte.
Die Strecke wartet recht bald mit einer kurzen Seilpassage auf. Ocha! Für einen Wanderer sicherlich kein Problem, da sehr kurz, hingegen für einen übermüdeten Bergläufer ein recht gefährliches Stück!
Bis zum Pfandlspitz geht es dem Bergkamm entlang, nicht besonders gefährlich, aber trotzdem nur für Trittsichere und Schwindelfrei geeignet. Der Pfandlspitz (2.538 m), ein grüner Bergspitz, bietet in östlicher Richtung eine tolle Aussicht auf das Sarntal und ind westlicher Richtung auf das Passeiertal. Selbstverständlich er auch den Blick auf den höchsten Berg der Sarntaler Alpen, den Hirzer und auf unser Ziel den Alplerspitz frei.
Bis zum Grubenjoch (2.433 m) heißt es nun circa 100 Höhenmeter absteigen um dann mühselig sofort auf einen nicht näher benannten Gipfel mit 2.654 m aufsteigen zu müssen. Zwar gibt es von der Ebenbergalm hier herauf keinen Wanderweg, auch keinen Fahrweg, aber trotzdem führt der Südtirol Ultrarace Berglauf genau auf diesen Gipfel herauf.
Da wir nicht nur wegen der Erkundung der Route des Berglaufes hier sind, wollen wir die 800 m und 100 Höhenmeter weiter bis zur Alplerspitz wandern. Dieses Stück ist nicht Teil des Südtirol Ultrarace aber wir möchten heute trotzdem noch gerne ein Gipfelkreuz sehen.
Wieder steigen wir ganz kurz ab und stehen dann plötzlich vor einem sehr steilen nicht versicherten Berghang. Nicht der Alplerspitz selbst aber so eine Art Vorgipfel jagt uns ordentlich Respekt ein.
Zwei drei Schritte, dann sagt der Andreas, das ist zu viel für ihn. Er kehrt lieber um und wartet auf mich. Ich beschließe alleine weiter zu steigen, denn der Gipfel ist ja nicht mehr weit. Wie ich so über den fast senkrechten Berghang, der nur teilweise mit Fels und teilweise mit Grasbüschel übersäht ist beginnen in meinem Kopf die Zahnräder zu drehen. Jemand der früher Klettersteige auch bis zum 8ten Grad geklettert kehr lieber um. Keine Versicherung, Steine die teilweise nur aus dem Erdreich rausragen, Grasbüschel auf die man sich verlassen muss, ein Absturz wäre der sichere Tod und dann fährt es noch wie der Blitz durch mein Hirn: ich muss ja auch noch runter!
Das reicht um weiche Knie zu bekommen. Auf dem Vorgipfel angekommen, schieße ich einige Fotos und bin hin und her gerissen ob ich zum Alplerspitz noch rüber gehen soll. Hin und zurück, dann der Abstieg über diesen gefährlichen Berghang, der Andreas der tief unter mir warten muss…
Lieber absteigen und die riskante Passage hinter mir bringen. Wer weiß ob es bis zum Gipfelkreuz rauf noch ärger wird.
Rückwärts steige ich extrem vorsichtig mit einem mulmigen Gefühl im Magen ab. Wahrscheinlich wäre ich vor zwei Jahren ohne Probleme vorwärts angestiegen aber die Zeiten ändern sich. Heute zumindest flößt mit der Berg einen gewaltigen Respekt ein. Vor allem das Fehlen einer Versicherung und der teilweise nicht sehr feste Untergrund gepaart mit dem fast senkrechten Hang stören mich extrem.
Geschafft ich bin unten. Der Andreas ist sichtlich erleichtert. Er hat mit angesehen wie unsicher ich abgestiegen bin.
Die mitgebrachten Brote werden ausgepackt. Am Berg schmeckt ein belegtes Brot doppelt so gut.
Zwei Männer steigen den Hang herab. Rein visuell schaut deren Abstieg gewaltig anders aus als meiner. Sie gehen vorwärts ohne große Mühen runter.
Ich frage ob sie vom Alplerspitz kommen und ob es zur Spitze rauf gleich gefährlich wie der Hang vor uns ist. Sie entgegnen, dass nur der Berghang hier etwas extrem ist, dann der Steig viel einfach und weniger gefährlich sei. Ein klein wenig ärgere ich mich, dass ich nicht trotzdem weiter gegangen bin, andererseits ist es auch nicht schön einen Begleiter warten zu lassen.
Nach Speis und Trank, treten wir den Rückweg an. Zurück zur Pfandlspitz, dann hinüber zum Grünangerjoch und hinunter zur Mahdalm.
Der Nachmittag ist noch im vollen Gange, darum kehren wir auf einen Café und Strudel ein. Wir wundern uns etwas, dass nicht allzu viele Menschen hier sind. Scheinbar hat die Italienkrise auch die Südtiroler Almen erreicht.
Liegestühle laden zum Verweilen ein. Gerne nutzen wir für ein stündchen dieses Angebot und brechen erst gegen halb Sechs in Richtung Klammeben, Bergstation Hirzerbahn auf.
Beim Verlassen der Mahdalm fällt eine Skulptur einer riesigen rote Gabel auf. Ich bin neugierig und betrachte das Ensemble aus Gabel, Herd und Holzstock. Ach was, die Mahdalm kann einen Michelin Stern aufweisen. Wau! Und zugleich schade, dass wir außer Strudel nichts gegessen hatten.
Vielleicht ein anderes Mal.
Um 18.20 Uhr nutzen wir die letzte Talfahrt der Hirzerbahn um von Klammeben nach Saltaus hinunter zu kommen.
Eine sehr schöne Almenwanderung gepaart mit einer aussichtsreichen Bergwanderung liegt nun hinter uns. Das Ziel habe ich zwar um wenige Meter verpasst aber trotzdem war die Wanderung sehr lohnenswert.
Eckdaten der Wanderung
- Start: Talstation Hirzerbahn in Saltaus
- Preis Hirzerseilbahn Hin- und Retour für Einheimische: 11 Euro
- Start Wanderung: Bergstation Hirzerseilbahn auf Klammeben (1.985 m)
- Ziel: Alplerspitz (2.750 m)
- Einkehrmöglichkeiten:
- Hirzer Hütte
- Tallner Alm
- Hintereggalm
- Mahd-Alm: Riederbergstraße 8/K, 39010 St. Martin / Passeiertal, Tel. +39 339 4687804, geöffnet: 15.05.2013 – 03.11.2013, Öffnungszeiten: 08.00-18.00, Ruhetag: keinen, Geheimtipp für gutes Essen und frische Almprodukte
- Strecke: fast 16 km
- Höhenleistung: 1100 m
- Wegart: schwieriger Bergpfad
- Gehzeit: circa 6 Stunden
GPS Datei der Bergtour Hirzerseilbahn – Alplerspitz
Akt. Position: -km, -m
↓ download GPX
Eckdaten der Tour
Von Klammeben zum Alplerspitz
- Dauer: 12:15 h
- Distanz: 22,3 km
- Bergauf: 2.563 m
- Bergab: 2.421 m
Um welche Art von Tour handelt es sich?
In welcher Region befindet sich die Tour?
Um welche Bergkategorie handelt es sich? Auf welcher Höhe liegt die Tour?
Wie lang ist die Strecke?
Wie streng ist der Aufstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie anspruchsvoll ist der Abstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie viel Zeit werde ich für die Tour brauchen?
Dieser Wert kann individuell stark variieren. Siehe Gehzeitrechner.
Wie viele Kalorien werden bei der Tour verbrannt?
Es ist zu beachten, dass die Berechnung des Kalorienverbrauchs auf Faustformeln und allerlei Annahmen beruht, z.B. Gewicht=75 kg, Kalorienverbrauchsvorgaben für Aufstieg, Abstieg, flach usw. und daher nur eine Schätzung und keine exakte Angabe liefert. Wenn du deinen Kalorienverbrauch selbst berechnen möchtest, dann schau dir diesen Kalorienrechner an.
Gibt es interessante Wegpunkte?
Ja, es gibt interessante Wegpunkte. Hier ist eine Liste:
- HirzerhütteHöhe: 1.984 m ü. d. M.GPS: 46.739702, 11.253672
- Tallner AlmHöhe: 2.019 m ü. d. M.GPS: 46.740137, 11.256145
- GrubenjochHöhe: 2.443 m ü. d. M.GPS: 46.752192, 11.292528
- PfandlspitzHöhe: 2.536 m ü. d. M.GPS: 46.751680, 11.287137
- MahdalmHöhe: 2.013 m ü. d. M.GPS: 46.751783, 11.265183
- HintereggalmHöhe: 1.990 m ü. d. M.GPS: 46.749700, 11.263400
- KlammebenHöhe: 2.001 m ü. d. M.GPS: 46.738301, 11.247161